Whats inside?

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Aus meiner Sicht ist die behind the scenes – Fotografie das wichtigste Marketingtool für Orchester. Vielleicht nicht für Abo-Besitzer, sehr wohl aber für Menschen, die sich in der Zwischenwelt „Soll ich?“ oder „Soll ich nicht?“ befinden. Die Gründe, die sich einem Konzertbesuch in den Weg stellen sind ja zur Genüge erforscht. Auch wenn man die ordentlich recherchierten Daten nachlesen kann habe ich mich im Freundes – und Bekanntenkreis selbst auf die Suche nach Hinderungsgründen gemacht. Ich habe die Frage dabei bewusst offen gelassen, also nicht differenziert gefragt warum man nicht in die Oper, ins Symphonie – oder Kammerkonzert geht sondern einfach die Frage „Warum gehst du nie ins klassische Konzert?“ gestellt.

Hier folgt mein persönliches Best Of:

„4 Stunden sind mir zu lang“

„Ich hab keinen Anzug“

„Was soll ich unter alten Leuten?“

„Das ist Musik für Spießer“

„Von dem Gekreische bekomme ich Kopfweh“

„Das ist mir zu abgehoben“

„Wagner war doch ein Nazi, oder?“

Wohlgemerkt – das sind Zitate aus meinem persönlichen Umfeld, von Menschen, die über eine abgeschlossene Ausbildung oder einen Hochschulabschluss verfügen. Das sind keine Dummköpfe. Dass der Klassikbetrieb dieses Image selbst zu verantworten hat ist klar. Dass er viel zu wenig dagegen tut um das zu ändern, auch.

Aber zurück zur behind the scenes – Fotografie. Diese Fotografie ist der Türgriff, die persönlich gestaltete Einladungskarte. Sie zeigt was drinnen ist.  Jedes Restaurant, an dem Sie vorbei marschieren und daraufhin Lust bekommen es kennen zu lernen hat in Ihnen die Frage „Whats inside?“ ausgelöst. Auf englisch klingt das einfach besser.  Jedes Buch, dass Sie in einer Buchhandlung durchblättern hat den wichtigsten Schritt bereits geschafft: Sie sind neugierig geworden. Das Restaurant hat  Ihnen das Versprechen gegeben, dort einen feinen Abend genießen zu können, das Buch verspricht Ihnen ein paar Stunden abseits des Alltags.

Klassik-Neulinge bekommen in der traditionellen Orchester-Fotografie das Versprechen, dass sie sich im Konzert langweilen werden.  Aus dem einfachen Grund, weil die Fotografien langweilig sind. Nicht langweilig im Sinne von schlecht gemacht, einige sind technisch sogar hervorragend.  Langweilig im Sinne von „Interessiert mich nicht“.  Taucht eine solche Fotografie in der Timeline auf, funktioniert sie wie ein Scrollbeschleuniger für den Daumen.

Sie glauben mir nicht? Dann versuchen Sie einmal gedanklich, die Unterschiede in den Fotografien von verschiedenen großen oder weniger bekannten Orchestern auszumachen. Sie werden schnell bemerken, dass die Bilder austauschbar sind. Immer die gleichen Posen, immer die gleichen von oben – Bilder.  Wäre das nicht schon schlimm genug, so verstärken die Bilder zumindest einige der oben genannten Einstellungen über klassische Musik.  Man auch niemandem einen Vorwurf daraus machen, wenn er oder sie von spießigen Bildern auf spießige Musik schließt, oder?

Und genau da setzt gute behind-the-Scenes-Fotografie an. Sie dokumentiert nicht nur – sie erzählt. Sie wirft einen Blick hinter die Kulisse, der Nähe schafft statt Abstand, Emotion statt Etikette. Das Menschliche. Und genau dieses Menschliche ist es, was potenzielle Besucherinnen anspricht, die sich noch in der klassischen „Unentschieden-Zone“ befinden:

Simon Rattle im  restlosen Glück, Igor Levit, wie er alle Hüllen fallen lässt und völlig in der Musik versinkt, Anna  Netrebko, die sich mit ihrem Handy hinter einem Vorhang versteckt, Maxime  Pascal, der sich beim Dirigieren die Seele aus dem Leib schwitzt, der nicht gerade ansprechende Backstageraum eines der bekanntesten  Aufführungshäuser der Welt, die Schlagwerkerin des European Union Youth Orchestras im Tanktop,  Raphaela Gromes, die sich nach einem Witz kaum halten kann - das hat Kraft. All das hat Charme. Und – Überraschung! –  das kann Leute abholen. Zumindest sagen das die Menschen, denen ich zuvor die Frage gestellt hatte, warum sie nicht ins Konzert gehen.

Wer reingezoomt wird, fühlt sich eingeladen.
Behind-the-scenes-Fotografie ist kein Beiwerk, sie ist die Botschaft. Sie sagt: "Schau, so sind wir. Ganz normale Menschen, die sich die größte Mühe geben etwas Schönes erschaffen. Und du darfst dabei sein."

Und ja, diese Art von Fotografie verändert etwas. Nicht sofort, nicht dramatisch – aber kontinuierlich. Sie schleicht sich ins Bewusstsein. Baut Brücken. Hebt Schwellen ab. Und vielleicht, ganz vielleicht, klickt da jemand auf den nächsten Konzertlink, der noch nie einen Fuß in einen Konzertsaal gesetzt hat. Einfach weil er sich fragt: „What´s inside?“

 

What’s inside?

From my perspective, behind-the-scenes photography is the single most important marketing tool for orchestras.
Maybe not for people who already have season tickets,
but definitely for those in the in-between space – the “Should I?” or “Should I not?” crowd.

The reasons people don’t go to classical concerts have been well researched.
But instead of quoting the data, I went on my own mini mission – asking friends and acquaintances a very simple, open question:
“Why don’t you go to classical concerts?”
(Not “Why not the opera?” or “Why not chamber music?” – just the whole thing.)

Here’s my personal best-of:

  • “Four hours is too long.”

  • “I don’t own a suit.”

  • “What would I do surrounded by old people?”

  • “That’s music for snobs.”

  • “The screeching gives me a headache.”

  • “It’s too highbrow for me.”

  • “Wasn’t Wagner a Nazi?”

Important to mention: These quotes are from people with proper educations, degrees, careers. Not idiots. And yes – the classical world is partly to blame for this image. And no – it hasn’t done nearly enough to change it.

So let’s go back to behind-the-scenes photography.
This kind of photography is the door handle – the personalized invitation.
It shows what’s inside.

Every restaurant you’ve ever walked past and suddenly wanted to try – it sparked one key question in you:
What’s inside?
Every book you’ve ever picked up and leafed through – same thing. It already won. You were curious.

Now let’s talk about traditional orchestra photography.
To someone new to classical music, it promises one thing:
You’re going to be bored.
Why? Because the photos themselves are boring.

Not bad, technically. Some are superb.
But they’re boring in the sense of “This doesn’t interest me.”

If one of these pictures pops up on a timeline, it functions as a scroll accelerator.
You don’t slow down. You don’t click. You move on.

Don’t believe me?
Try mentally comparing the photos from different major or lesser-known orchestras. You’ll notice something quickly: they’re interchangeable. Same poses. Same top-down angles.

And as if that weren’t bad enough, many of those photos actually reinforce the very stereotypes people already have: Stiff. Boring. Elitist. So can you really blame someone for assuming the music is just as uptight as the images?

That’s where good behind-the-scenes photography steps in.
It doesn’t just document – it tells a story.
It pulls back the curtain and creates connection instead of distance.
Emotion instead of etiquette.
It shows the human side.

And that is what speaks to potential concertgoers who are still on the fence.

Simon Rattle in sheer bliss. Igor Levit fully surrendering to the music. Anna Netrebko hiding behind a curtain with her phone. Maxime Pascal sweating his soul out while conducting. The not-so-glamorous backstage room of one of the world’s most famous concert halls. The percussionist from the EUYO in a tank top.Raphaela Gromes laughing so hard she can’t breathe.

That has power. That has charm.
And – surprise! – that kind of stuff can reach people. At least, that’s what the people told me – the very same ones I asked about why they don’t go to concerts.

If you’re drawn into a photo – zoomed in – you feel invited. Behind-the-scenes photography isn’t just a side dish. It is the message.

It says: “Look, this is who we are. Real people trying our best to create something beautiful. And you’re invited.”

And yes – this kind of photography makes a difference.
Not overnight. Not dramatically.
But steadily.

It sneaks into people’s awareness.
Builds bridges. Lowers thresholds.

And maybe, just maybe, someone who’s never set foot in a concert hall will click on that next concert link –
simply because they’re asking themselves:
What’s inside?

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Warum traditionelle Orchesterfotografie nicht glaubwürdig ist und was ChatGPT dazu sagt.

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Das „Eine kleine Nachtmusik“-Syndrom